„Ich danke für das große Vertrauen und ich hoffe, dass ich Euch nicht enttäuschen werde.“ Es war der Abend des 20. April, Schauplatz die Südhessenhalle in Reisen. Gerade war Stefan Roewer bei der konstituierenden Sitzung der Gemeindevertretung mit einem Traumergebnis zum neuen Vorsitzenden gewählt worden: Von 30 Mandatsträgern stimmten 28 für den Löhrbacher Christdemokraten. Neben einer Enthaltung gab es nur eine Gegenstimme.

Das von Roewer selbst an diesem Abend angesprochene Vertrauen hat er in seiner achtmonatigen Amtszeit in jeder Hinsicht gerechtfertigt. Freundlich, umsichtig und kompetent führt er durch die Sitzungen der Gemeindevertretung, und was vielleicht der wichtigste Aspekt ist: Obwohl er über viele Jahre hinweg in der Birkenauer CDU führende Ämter bekleidet hat, merkt es ihm niemand an, dass in seiner Brust ein christdemokratisches Herz schlägt. Wie er sein neues Amt – abseits der politischen Inhalte – selbst erlebt, schildert Stefan Roewer im Gespräch mit unserer Redaktion.

Herr Roewer, in Ihrer langen kommunalpolitischen Laufbahn haben Sie schon viele Ämter bekleidet. Welchen Stellenwert hat für Sie das Amt des Gemeindevertretervorsitzenden?

Stefan Roewer: Das Amt hat für mich einen sehr hohen Stellenwert. Immerhin ist es ja das höchste Amt, das die Gemeinde Birkenau zu vergeben hat. Deshalb habe ich mich auch sehr darüber gefreut, wie groß die Unterstützung der Gemeindevertreter bei meiner Wahl war. Dieses enorme Vertrauen finde ich super!

Gleich in Ihren ersten Sitzungen wirkten Sie erstaunlich souverän und gelassen. Haben Sie sich gezielt auf Ihr neues Amt vorbereitet?

Roewer: Als ich sagte, dass ich dieses Amt gern übernehmen würde, hat es im Familienkreis viele Gespräche gegeben, die mich ermuntert haben. Aber ich konnte ja nicht wissen, ob ich tatsächlich gewählt werde. Trotzdem habe ich mich schon im Vorfeld intensiv in die Hessische Gemeindeordnung eingelesen, viel intensiver, als ein Gemeindevertreter in der Regel tut. Es gibt ja so vieles zu beachten! Um meine Kenntnisse noch weiter zu vertiefen, habe ich noch an einer Schulung teilgenommen, die wegen der Pandemie allerdings nur online durchgeführt werden konnte.

Bis zum Ende der vergangenen Wahlperiode waren Sie Vorsitzender der CDU-Fraktion, erst kürzlich haben Sie den Unionsvorsitz in die Hände von Monika Lübker gelegt. Fällt es Ihnen jetzt schwer, die gebotene Neutralität zu wahren?

Roewer: Ehrlich gesagt, fällt mir das überhaupt nicht schwer. Als ich mich um dieses Amt beworben und es schließlich auch angetreten habe, war mir ja bewusst, dass ich es neutral ausüben muss. Natürlich bin ich ein Christdemokrat und stehe auch dazu, aber als Gemeindevertretervorsitzender versuche ich, jedem gerecht zu werden. Es war natürlich klar, dass ich im Fall meiner Wahl den Fraktionsvorsitz aufgeben muss. Aber den Vorsitz im Gemeindeverband hätte ich ja behalten können. Trotzdem habe ich auch ihn aufgegeben, um das Amt des Gemeindevertretervorsitzenden so neutral wie möglich ausüben zu können. Die Entscheidung wurde mir dadurch erleichtert, dass mit Monika Lübker erstmals eine Frau an der Spitze der Birkenauer CDU steht. Ich bin mir sicher, sie wird eine gute Vorsitzende sein.

Gegen Ende der vergangenen Wahlperiode war die Atmosphäre in der Gemeindevertretung äußerst angespannt. Hat sich das verändert?

Roewer: Auf jeden Fall! Ich kann jedenfalls keine größeren Spannungen erkennen. Daran haben auch die neuen und jungen Mandatsträger ihren Anteil. Trotz aller Meinungsverschiedenheiten wird immer sachlich und fair miteinander diskutiert. Es ist wichtig, dass man beim Verlassen des Saals nach einer Sitzung dem anderen immer noch in die Augen sehen kann. Es macht einfach Spaß, mit dieser Gemeindevertretung zu arbeiten.

Nutzen der neue Bürgermeister und die Fraktionen aus Ihrer Sicht die viel beschworene Chance zum Neuanfang?

Roewer: Es kristallisiert sich heraus, dass alle diese Chance nutzen wollen. Das ist ja auch von großer Bedeutung im Hinblick auf die Projekte, die wir angehen müssen. Ich denke da an die temporäre Lösung im Bereich der Kinderbetreuung, die Frage des Neubaus einer Kita, die Suche nach einer Lösung für das Freibad und nicht zuletzt die allgemeinen Maßnahmen an unserer Infrastruktur. Aus meiner Sicht arbeiten alle eng mit dem Bürgermeister zusammen. Die Fraktionen wollen die Chance zum kompletten Neuanfang tatsächlich nutzen.

Was ist Ihnen selbst wichtig im Umgang mit Bürgermeister und Gemeindevorstand einerseits und den Fraktionen oder deren Vorsitzenden auf der anderen Seite?

Roewer: Die Zusammenarbeit mit den Fraktionen und ihren Vorsitzenden und mir ist topp. Dadurch macht die Arbeit richtig Spaß. Was Bürgermeister Milan Mapplassary angeht, habe ich ein gutes, sogar sehr gutes Verhältnis zu ihm. Als junger Bürgermeister nimmt er auch mal Ratschläge von erfahrenden Kommunalpolitikern an, auch von mir.

Sie sind nach wie vor Ortsvorsteher von Löhrbach. Haben Sie mal daran gedacht, auch dieses Amt abzugeben?

Roewer: Darüber nachgedacht habe ich schon, klar. Im Löhrbacher Ortsbeirat sind viele junge Leute dabei, die das Amt übernehmen könnten. Aber bisher hat noch niemand nach dem Vorsitz im Ortsbeirat gegriffen. Aber ich muss auch sagen, dass ich gern als Ortsvorsteher tätig bin. Mit meinem Ortsbeirat versuche ich, trotz der Pandemie alles so normal wie möglich zu gestalten, zum Beispiel die Feier beim Volkstrauertag.

Wenn Sie als Vorsitzender der Gemeindevertretung nach acht Monaten ein erstes Zwischenfazit ziehen sollten, wie würde das aussehen?

Roewer: Ich habe es noch keine Sekunde bereut, dieses Amt übernommen zu haben. Die vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den Gemeindevertretern und dem Bürgermeister bereitet mir eine Menge Spaß. An dieser Stelle möchte ich mich auch einmal für die gute Zusammenarbeit mit der Verwaltung bedanken. Alle haben immer ein offenes Ohr und unterstützen mich mit ihrem Fachwissen, wo immer sie können. Auf die Verwaltung kann ich mich verlassen.

Gibt es für Sie und Ihre kommunalpolitische Arbeit eine Art Motto oder Leitfaden?

Roewer: Ich orientiere mich da gern an dem Franziskanermönch Peter Amendt. Er sagt: Soll Gemeinschaft gelingen, dann muss ich mehr für sie tun, als ich von ihr erwarte.

Quelle: WNOZ
Artikel vom 31.12.2021

Manfred Bierbauer

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