Birkenau. Von der Bildungspolitik bis zur Finanzpolitik, vom Föderalismus bis zur B 38a: Die Palette der Themen, die Dr. Michael Meister beim Neujahrsempfang der Birkenauer CDU im Alten Rathaus behandelte, war wie immer umfangreich und auch diesmal blieb der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesministerium für Forschung und Bildung keine Antwort schuldig. Vor die Klammer zog der CDU-Politiker einen allgemeinen Aufruf zu mehr Optimismus. „In Deutschland leben zu viele Menschen, die sich Sorgen machen. Wir würden alle gut daran tun, auch einmal die Chancen zu sehen und nicht nur in allem die Risiken.“

Dennoch legte Meister gerade im Bereich der Bildung gleich den Finger in die Wunde. Die Ergebnisse des bundesweiten IQB-Tests an den Schulen hätten ihn geradezu schockiert. 25 Prozent der Mittelstufenschüler in Deutschland erfüllten danach nicht einmal die Mindestanforderungen, gar die Hälfte scheiterte im Bereich der „normalen“ Anforderungen. Betriebe beklagten regelmäßig gewaltige Defizite bei ihren Auszubildenden, vielen Abiturienten fehle die Befähigung zur Aufnahme eines Hochschulstudiums. Dies habe auch unmittelbare gesellschaftliche und politische Folgen. „Wenn jemand nicht in der Lage ist, die Zeitung zu lesen, dann kann er auch nicht am politischen Diskurs teilnehmen.“ Es fehle ihm dann die Fähigkeit, die Dinge richtig einzuordnen. „Das macht sie anfällig für Populisten, von denen sie sich leicht vereinnahmen lassen.“

In der Meinungsblase

Sorgen mache er sich auch um die politische Diskussionskultur. Viele Menschen befänden sich in einer „Meinungsblase“. Dort bewegten sie sich fast ausschließlich unter Gleichgesinnten, was praktisch jede Diskussion, das eigentlich Spannende, und eine gesunde politische Willensbildung ausschließe. „Darunter leidet auch unsere Demokratie. Wir müssen diese Meinungsblasen öffnen.“ Auch in der Politik sei die Diskussion letztlich Grundlage für die Entscheidungen. Meister bedauerte es in diesem Zusammenhang, dass der Begriff „Kompromiss“ mittlerweile einen negativen Klang bekommen habe. „Er gehört aber zur Demokratie einfach hinzu.“

Gefahren für die Demokratie

An mehreren Stellen warnte der Bundestagsabgeordnete vor den Gefahren für die Demokratie. In diesem Zusammenhang erwähnte er die Kapitänin und Klimaschutzaktivistin Carola Rackete, die offen das System infrage stelle. „Ich habe kein Problem damit, dass sie Menschen in Seenot rettet, aber damit, dass sie sagt, unser System müsse beseitigt werden.“ Das gehöre ebenso wenig zur Demokratie wie die Ermordung des Kasseler Regierungspräsidenten Dr. Walter Lübcke, die Zerstörung jüdischer Einrichtungen am Tag vor dem Holocaust-Gedenktag oder linke Chaoten, die in der Neujahrsnacht in Leipzig eine Spur der Verwüstung hinterlassen hätten. „Gewalt gehört nicht zur Demokratie. Wir müssen sie gegen links und rechts verteidigen.“

Meister verknüpfte die Bundespolitik auch immer wieder mit der Politik des Landes und den Auswirkungen von beidem auf die Situation vor Ort. Dabei griff er noch einmal den Bereich Bildung auf und lobte die Situation der Schulen im Kreis Bergstraße. „Hier haben wir eine Vielfalt, die in ganz Hessen einmalig ist“, betonte der Unionspolitiker. Dass sich die Bergsträßer Schulen in einem guten Zustand befänden und über eine qualitativ hochwertige Ausstattung verfügten, sei auch auf die Politik in Wiesbaden zurückzuführen. In den vergangenen knapp 25 Jahren sei extrem viel Geld – eine halbe Milliarde Euro – in die Schulen des Kreises investiert worden; derselbe Betrag werde in den kommenden Jahren noch einmal fließen. Jetzt müsse auch noch das Personal – die Lehrer – befähigt werden, diese Ausstattung auch zu nutzen.

Lange Verfahren vermeiden

Erfreut zeigte sich Meister über die Entscheidung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs in Kassel zur Ortsumgehung von Mörlenbach. Der Planfeststellungsbeschluss habe damit endgültig Rechtskraft erlangt. Die langen Planungs- und Genehmigungsverfahren und die sich oft anschließenden gerichtlichen Auseinandersetzungen seien allerdings ein generelles Problem, für das der Bund drei Lösungen erarbeitet habe. Zunächst soll im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung kein Erörterungstermin mehr stattfinden. Stattdessen soll es Projektmanager geben, die Planung und Umsetzung einer Maßnahme steuern. Bei reinen Ersatzbaumaßnahmen soll auf einen erneuten Planfeststellungsbeschluss verzichtet werden. Schließlich wird im Bereich der Schienen- und Wasserstraßen die Planfeststellung durch einen Beschluss des Deutschen Bundestages ersetzt. Dieses Verfahren werde jetzt getestet. Sollte es sich bewähren, könnte es auch auf Großprojekte im Straßenbau ausgedehnt werden. Mit diesen drei Maßnahmen soll die Geschwindigkeit von Infrastrukturmaßnahmen erhöht werden, um etwa das Niveau von China oder den USA zu erreichen.

Und die schwarze Null? Die will Meister ebenso wie die Schuldenbremse verteidigen. Noch 2005 habe die Staatsverschuldung 350 Prozent des Bruttoinlandsprodukts betragen. 2018 habe sie bereits bei 200 Prozent gelegen. „Der Ansatz der Schuldenbremse war richtig.“

Auf eine Frage aus dem Publikum sprach sich Meister dagegen aus, den Bereich der Bildung von den Ländern in die Kompetenz des Bundes zu übertragen. „Wenn wir den Ländern die Schulen wegnehmen, dann können wir uns die Länder auch gleich sparen. Das würde zu einem ganz anderen Deutschland führen, als wir es kennen.“ MB

Quelle: WNOZ
Artikel vom 27.01.2020

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